Persy

– Hallo, kannst du bitte erklären, wie heißt du, wo kommst du her, und eine kurze Erklärung zu

deinem Hintergrund und wie war es hier in Österreich zu leben als Kind.

Hallo erstmal. Mein Name ist Persy, bin 26 Jahre alt, bin aus Wien und lebe in Österreich.

Ursprünglich, also meine Eltern sind damals aus dem Kongo nach Österreich emigriert. Mein

Vater Anfang der 80er, der war selber 20 Jahre alt circa, war seit seiner Kindheit ein Traum,

dass er hier in Österreich studiert. Meine Mutter und ich sind 89 nachgekommen, da war in ein

halbes Jahr alt, also 6 Monate alt. Das heißt, ich hab eigentlich mein gesamtes Leben in

Österreich, in Wien verbracht, bis auf Kürzere von einem Jahr bis unter ´nem halben Jahr.

Aufwachsen in Österreich, also zuerst muss ich mal sagen ich bin dankbar für mein Leben, wie

mein Leben bis jetzt abgelaufen ist. Da gab´s ganz, ganz viel Positives. Aber trotzdem muss ich

sagen, dass das Aufwachsen in Österreich selbst – also ich bin ein Kind der 90er – doch ziemlich

hart war. Auch wenn man das jetzt gar nicht so glauben mag. Vor allem meine Freunde fragen

mich dann meistens: Rassismus – ist das überhaupt ein Thema? Kann das überhaupt sein? War

das jemals für dich so –weil, du warst doch total integriert, du warst immer ein Teil von uns.

Das ist das was sie gesehen haben. Aber ich hab nochmal eine ganz andere Welt kennengelernt.

Eben, wie gesagt, ein Kind der 90er Jahre. 1993 gab es das Ausländer – Volksbegehren. Das

wurde damals vom verstorbenen Jörg Haider inszeniert, von der FPÖ und Jörg Haider. Und das

Ausländer-Volksbegehren was insofern ziemlich hart, also ich selber war 4 Jahre alt, also noch

zu jung um mich detailliert an die Geschehnisse damals zu erinnern. Aber was ich von meinen

Verwandten, von meinen Onkels und Vätern schon gehört hab, ist, dass du damals Angst

hattest auf der Straße als Ausländer zu gehen. Das Ding war einfach – das Ausländer-

Volksbegehren, die Frage war: „Was machen wir mit den Ausländern?“ Das heißt, ihr müsst

euch überlegen: Ich lebe in einem Land, wo man tatsächlich sich fragt, wo das Volk abstimmt

mit einem gesetzlichen Mittel, wie verfahren wir jetzt mit den Ausländern. Was machen wir

jetzt mit denen in Zukunft. Und das sind dann natürlich Dinge, die Stimmung , die prägt einen.

Also die Stimmung bekommst du sehr wohl mit und ich hab das Glück gehabt, dass ich von

meinen Eltern dementsprechend herangeführt wurde, dass die mir gesagt haben bevor ich in

den Kindergarten gekommen bin: „Du Persy, es gibt das Wort Neger und das wirst du ziemlich

oft hören und du musst wissen, dass mit dir alles in Ordnung ist. Aber trotzdem war es so, dass

ich im Kindergarten dann mit blutigen Lippen nach hause gekommen bin und… Es gibt dieses

Waschmittel, das heißt „Persil Megapearls“ und mein Spitzname war dann „Persil Negerpearls“,

also wo ich im nachhinein sag, hey – total kreativ, und man denkt sich : Woher hat ein 4 jähriges

Kind sowas? Als Kind selbst schmerzt einen das total. Und du kannst dann aber nicht nach

hause kommen und deinen Eltern sagen: „Ja dies und das ist passiert.“ Sondern du hast halt

den Anspruch an dich selbst, dass du selber damit klar kommst und das selbst verarbeitest. Was

Anderes – 1998 – ich weiß nicht, ob Markus Umofumo euch ein Begriff ist. Jedenfalls der wurde

am 1. May 1998 mehr oder weniger hingerichtet. Es ging um eine Abschiebung. Das Flugzeug

ging von Wien nach Sofia und er wurde im Flugzeug mit Handschellen angekettet und im

Grunde mit Klebeband den Mund zugeklebt. Also den Mund und Nase. Er hatte ´nen Herzfehler

und ist infolge dessen erstickt, weil er einfach an Sauerstoffmangel gelitten hat und der ist

erstickt. Die Politik und die Polizei haben versucht, das alles irgendwie umzudrehen. Den

Beamten ist eigentlich bis heute nichts passiert. Es gab verschiedene Gutachten. Die

österreichischen Ärzte haben geschrieben, er ist ohne Fremdeinwirkung erstickt. Nur der

einzige Arzt, der eine richtige Diagnose gestellt hat, war der Arzt in Sofia damals. Der eben

richtig nachgewiesen hat, dass Markus Umofumo aufgrund dessen, dass man ihm Nase und

Mund zugeklebt hat, gestorben ist. Es war dann sogar so, dass man versucht hat, nochmal eine

Hetzkampagne gegen die in Österreich lebenden Schwarzafrikaner zu starten. Das heißt – 10

Tage nachdem Markus Umofumo gestorben ist durch Fremdeinwirkung, also ermordet wurde,

gab es im Parlament eine Frau namens 05:03 , die damalige – ich weiß nicht ob sie

Innenministerin war, ich weiß jetzt nicht, welche Funktion sie genau hatte, aber das tut auch

nichts zur Sache, jedenfalls ist sie Parteimitglied der FPÖ gewesen, die dann eine Ansprache

hielt, die mir bis heute noch ziemlich genau im Kopf ist. Also ich war damals 9 Jahre alt und sie

sagte Sachen wie : „ Also nicht nur dass die Schwarzafrikaner anders aussehen, sie sind auch auf

eine sehr gemeine Art bösartig und aggressiv. „ Ihr müsst euch vorstellen – das sind Sachen, die

sie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Österreich ausgestrahlt haben. Und du bekommst das

als kleines Kind mit und das tut natürlich was mit dir, weil – du hast ja ein gewisses Selbstbild

von dir. Und ich mein, ich kann echt von Glück sprechen, sag ich jetzt, dass ich von der Familie

her nen starken Zusammenhalt hatte und dann doch noch so viele weiße Freunde, sag ich jetzt,

die mich nicht so behandelt haben und die nicht dieses Bild von mir hatten. Aber natürlich bist

du immer an dem Punkt, wo du merkst so: OK, die Gesellschaft ist einfach nur falsch. Das lernst

du dann bei. Du musst irgendwie, damit du dass verkraftest, musst du dich da raus-dissoziieren,

das heißt, du musst dich von der Gesellschaft entkoppeln. Und das ist dass, was ich getan hab

als Jugendlicher. Ich hab meinesgleichen gesucht. Und meinesgleichen war für mich Hauptsache

schwarz. Wurscht woher, wurscht wer, wurscht wie gut für mich also für mein Aufwachsen,

aber Hauptsache schwarz. Vor allem – Markus Umofumo war nicht der Einzige, der umgebracht

wurde. Da gab´s noch Giovanni 6:34, auf dem Polizisten und Sanitäter zu Acht auf ihm

gestanden sind, bis er gestorben ist. Also,, es gab einfach prägende Sachen. Und dann lernst du

irgendwann: OK, gut. Na die Gesellschaft , die will mich so hier nicht. Bekommst auch einfach

irgendwo dieses Bild mit, dass du nicht ok bist… Und ich hab mich dem Hip-Hop zugewandt,

hab angefangen Baggy-Hosen zu tragen, hab meinesgleichen gesucht, weil ich auch in der

Schule auch einfach das Feedback mitbekommen hab, also ich weiß noch so Sachen wie

„Nigger“ und „Sklave“ waren ne Zeitlang einfach so Spitznamen, die du einfach gehört hast.

Wenn ich mit zerbrochener Brille nach Hause gekommen bin, dann hab ich meinen Eltern

gesagt: Das war beim Turnen das Tau, dass mit ins Gesicht gefallen ist. Weil ich ihnen nicht

sagen konnte, dass mir der Schul-Bully jetzt quasi die Brille zerbrochen hat. Und das Lustige ist,

also, an mich wurde stets herangetragen – Ja du bist halt nicht ein 7:33 Nigger, also du bist

nicht der „Nigger, you´re supposed to be.“ Und wie ich dann angefangen hab, Hip-Hop zu

hören, meine Baggy –Hosen zu tragen, keine Ahnung -einen auf Gangster zu machen. Mein

Kopftücher und Stirnbänder und Bandanas und all das. Und da war ich dann total akzeptiert. Da

war ich „the shit“. Es ist so weit gegangen, dass ich dann im Endeffekt – wir waren

Schulsprecher auch noch, wir haben die Schule gerockt, sag ich jetzt mal – das ist so total

pervers, muss man sich mal vorstellen. Da versucht man individuell zu sein oder einfach nur

man selbst zu sein. Und das wird nicht toleriert. Aber sobald man dann wirklich dieses Cliche´

erfüllt, dieses Vorurteil, merkt man: Aha, ok und.. der ist ja cool der Persy und mit dem will ich

was machen und das ist ein Freund von mir und hin und her. Also wo du dann merkst einfach so

– der Quoten-Schwarze – das war deine Position. Ja, es ist ziemlich lustig. Einfach weil, wenn

man mich kennt – ich wollte immer anders sein. Also, ich weiß noch in dem Sommer, wie wir

angefangen haben Basketball zu spielen und angefangen Hip-Hop zu hören und breite Sachen

zu tragen – im nächsten Sommer war ich so: Ok und was machen wir jetzt? Und hab dann aber

das Feedback bekommen von unserer Clique: Na hey, wir bleiben jetzt so wie wir sind. Das ist

unser Ding. Und fand ich anfangs a bissel – ja, langweilig, aber gut. Machen wir. Und hab dann

immer wieder versucht, quasi, hab dann immer wieder versucht mich neu zu definieren, mich

neu zu finden und mein wahres Ich, mein alternatives, individuelles Ich einfach herauszufinden.

Und hab einfach gemerkt, da grenze ich an, da stoße ich an quasi, weil di Leute mich nur zu

einem gewissen grad tolerieren und alles was darüber hinaus läuft, das steht mir einfach nicht

zu. Und hab dann auch immer Menschen bewundert, die das einfach konnten. Zum Beispiel hab

ich da ne Freundin, die Teresa, die damals ziemlich alternativ war, also eben auch ein Mädchen

mit dunkler Hautfarbe, die sich dann aber Sachen getraut hat, von wegen Piercings zu haben,

sich die Harre abzurasieren oder ´nen Irokesen zu tragen und Doc Martins zu tragen. Ich war

einfach nur so: Wow, hey, ich würde das auch ur-gern können und hab mich dann immer

wieder mit ihr abgegeben. Und habe aber wiederum von meinen Jungs dann, also von den

schwarzen Jungs, mit denen ich jetzt unterwegs war, gehört: Du Persy, das geht nicht. Du

kannst nicht mit dem Mädchen rumrennen, das .. die passt nicht zu uns in Cliche´, die ist nicht

wirklich schwarz, so wie sie sich aufführt. Und was mich in meiner Verzweiflung so weit

getrieben hat, dass ich dem Mädchen erklären musste: Du, wir können uns nicht mehr

miteinander abhängen. Hab ich so gemeine Sachen gesagt, wie: Du kannst nicht schwarz und

Punk sein. Und so ein Zeug. Wo du einfach gemerkt hast, dein Umfeld prägt dich und du fängst

an, diese Wahrheiten zu glauben. Und – Gott sei dank – hat sich dann bei mir auch die

Emanzipation eingestellt. Ich hatte die Chance ein halbes Jahr ein Leipzig zu leben, wo ich ganz

viel Zeit hatte, um über mich, über mein –Selbstverständnis nachzudenken. Und ich bin für

mich darauf gekommen, dass ich so eigentlich nicht leben möchte, weil ich als Kind schon nicht

so war und durch meine Eltern, die Erziehung, die ich durch meine Eltern genossen habe, mein

Vater ist seines Zeichens Philosoph und Theologe, mir ganz andere Werte einfach mitgegeben

hat. So von wegen: Sei wer auch immer du sein willst. Und ich bin darauf gekommen, dass ich,

dass meine Pubertät, mein Teenager-sein, das war so wie ein Mittelalter, kann man sich

vorstellen. Wie das Mittelalter in Europa, so ne dunkle , finstere Zeit, wo du eigentlich sehr

fremdbestimmt bist und nicht wirklich weißt wohin und was jetzt eigentlich der Sinn ist.

Frauen die aus dem Raster fallen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit dunkler

Hautfarbe, systemferne Jugendliche. Unsere Gesellschaft verhält sich insofern teilweise

anmaßend, weil sie oft von einem allgemeinen Zustand, der für alle gleich ist, ausgehen und

damit sprechen sie den Menschen aber das Leid ab. Das heißt, Menschen sind auf mich zum

Beispiel zugegangen und haben gesagt: Du, aber Rassismus im Jahr 2015, das gibt’s doch nicht

mehr. Oder, dass die dann sagen: Das bildest du dir nur ein. Das beziehst du jetzt nur auf deine

Hautfarbe, aber das stimmt so nicht. Wenn mir ein Mitglied der Mehrheitsgesellschaft solche

Sachen gesagt hat, oder als Frau jetzt zum Beispiel, dass mir ein Mann sagt: Du, aber

Diskriminierung gegen Frauen, die gibt es jetzt überhaupt nicht. Das bildest du dir nur ein und

du solltest doch nur anders Denken, anders tun. Steh auf und mach doch einfach. Und das hab

ich früher auch zu Frauen gesagt, so von wegen: Ihr Feministen, Ihr kreiert euch selbst ein

Problem, weil Ihr müsst doch nur aufstehen und machen und die Gleichberechtigung, anstatt

sie ständig einzufordern. Das Ding ist aber, wenn du nicht aufwächst als Frau, als Mensch mit

Migrationshintergrund, dann bist du nicht dementsprechend sensibilisiert, das heißt dir

entzieht sich eine komplette Wirklichkeit. Weil du musst denken, als Teil der

Mehrheitsgesellschaft hast du dich selbst nie hinterfragen müssen. Einfach weil du die

Normalität darstellst, das heißt weil du jetzt zum Beispiel weiß bist oder ein Mann bist, musst

du nicht darüber nachdenken wie es im Kontext Österreich ist, als weißer Mann aufzuwachsen.

Du wirst aber eher im Kontext Österreich nachdenken müssen wie es ist, als schwarze Frau

aufzuwachen, als Mensch mit Behinderungen, das heißt du musst dich ziemlich früh eigentlich

schon mal anders reflektieren und damit du gesund bleiben kannst, musst du dich aus der

Gesellschaft rausdenken, entkoppeln einfach. Ein ehemaliger Professor von mir hat mich mal

gefragt im Unterricht: „Widerfährt ihnen eigentlich noch Rassismus?“ Und ich meinte dann:

„Nein, eigentlich nicht.“ Und er fing an zu lachen und meinte: „ Komisch, weil er hat ´nen

Bekannten aus Gambia, der seit zehn Jahren und der sagt: „Es vergeht kein einziger Tag, wo er

nicht mir irgendetwas konfrontiert wird.“ Und ich hab dann kurz überlegt und meinte dann: „Na

ja, schauen sie. Natürlich fallen mir jeden Tag die Leute auf, die sich in der U-Bahn nicht neben

mich setzen wollen und mir fällt auf, dass drei Plätze um mich herum frei bleiben. Aber dann

streck ich mich aus und denke mir: Hey, cool, ich hab Platz für meine Tasche und kann mich

ausdehnen. Oder ich verstehe auch, …..2:49, das sind auf Kroatisch, Polnisch und Türkisch die

Wörter für das Wort Neger, das verstehe ich natürlich und wenn die Leute das in der U-Bahn

sagen und auf mich zeigen und so, das entgeht mir nicht. Aber ich hab dann auch meine Spaß

dran, ihnen zu zeigen- Hey, ich versteh dich sehr wohl und was machst du jetzt? Da merkst du

auch, wie die Leute schockiert sind, dass da jetzt jemand kommt, der super international

aufgewachsen ist und sich einfach sowohl auf Deutsch perfekt verständigen kann und auch

dann noch Zusatzkompetenzen in anderen Sprachen hat. Also, ich hab meinen Spaß dann

irgendwo umgekehrt, andere Menschen zu ärgern, weil sie ignorant sind. Und ich denk mir

dann: Hey, ich lass dann den Bullshit bei dir. Sorry, ich wird das jetzt nicht für mich annehmen,

sondern da hast du deine Probleme und komm damit klar. Das heißt, was ich begriffen hab ist,

dass ich im Laufe meines Aufwachsens mir eine Wand aufgebaut hab, an der alles abprallt,

beziehungsweise Sachen angefangen hab, anders zu nehmen. Das heißt, wenn irgendwer,

letztens war ich mit ´nem Freund unterwegs und so ein alter Herr schreit rüber: „Du Scheiß-

Neger!“ und er weiß, ich schwarz und im Endeffekt hat er sich so krass aufgeregt, wie ich es

niemals tun würde, weil er´s eben nicht gedacht hätte, dass das tatsächlich passiert. Und ich

hab gemeint: „Du, wir gehen jetzt einfach weiter, weil dafür hab ich keine Zeit.“ Wofür ich sehr

wohl Zeit hab, ich investiere in Kinder, sag ich mal. Ich stell mich gern mit Kindern hin, wenn die

irgendwie was sagen, weil das geht wesentlich schneller, ist effektiver und nachhaltiger quasi,

weil du damit auch – die berühren dann ihre freunde und das geht so weiter. Aber ´nen

Erwachsenen umzupolen – du must denken, das geht dann gegen 30,40 Jahre Sozialisierung. Es

ist möglich, es funktioniert auch. Ist mir auch schon gelungen. Aber die fühlen sich dann meist

so sehr angegriffen, weil du eigentlich, dein Wesen, dein Bild, die Tatsache, dass du als

Afrikaner deutsch sprichst, greift sie innerlich an. Das greift all das an, was sie jemals gelernt

haben. Dass du ein normaler Mensch bist, der nicht stinkt, der nicht aggressiv ist, der nicht laut

ist, der genauso ein Familienmensch sein kann, der genauso zum Hofer einkaufen geht oder

was auch immer. Das greift eigentlich sie persönlich an. Ich spreche da aus Erfahrung. Ich kenn

das. Dier Mutter von einer Ex-Freundin, die hat angefangen Antidepressiva zu nehmen, weil der

Freund ihrer Tochter schwarz ist und ist auch in Ohnmacht gefallen, weil sie uns gesehen hat.

Also, natürlich, man selbst, man findet das dann irgendwie auch lustig und denkt sich: „Ja, ok,

gut. Wenn die Frau meint, dann soll sie meinen. „ Aber – ja, es ist einfach absurd. Aber man

versteht´s trotzdem . Das ist nämlich das, weil –aufgrund meiner Ausbildung, ich bin

Behinderten-Pädagoge und hab halt viel Einheiten in Psychologie und Kommunikation

genossen und weiß einfach, das meine Resilienz, dadurch dass ich im Kontext Österreich

aufgewachsen bin, ist meine Resilienz – also meine psychische Widerstandskraft, die ich habe

um Probleme zu lösen – schon mal weitaus höher und das kann ich auf andere Problemlagen

natürlich auch umwälzen. Und dann dadurch eher auch rational mit den Menschen reden, ohne

es sofort emotional zu werten. Und versehe es aber auch, wenn eine Frau, die nie pädagogisch

geschult wurde, nie sich in die Psychologie so eingelesen hat, wie ich´s gemacht hab, damit da

nicht klarkommt, dass da jetzt jemand Fremdes in ihr Leben eintritt und quasi… ich bin dann in

dem Fall der Aggressor. Und ja…. was sich Leute dann zum Beispiel, meiner Meinung nach dann

einbilden, wo sie dann doch sehr anmaßend sind, ist wenn sie dann als Kollektiv beschließen:

„Wir haben kein Problem.“ Meiner Meinung nach die Krise mit der IS, wieso die IS jetzt so

einen riesigen Zuwachs einfach hat, ist, weil die Staaten wie Deutschland, Österreich,

Frankreich, England vernachlässigt haben, den Jugendlichen mit Migrationshintergrund, den

systemfernen Jugendlichen, die sie selbst geschaffen haben eigentlich, eine Alternative

anzubieten. Das heißt, man hat ihnen nicht die Möglichkeit geben können, sich sinn-stiftend zu

erfahren. Das Traurige ist, ich war selbst mal in Hamburg und hab mitbekommen, wie eine

Klasse aus ´nem (Hartz IV-Viertel)??? 7:23, die hat in der selben Pension, in der ich

untergekommen bin, Urlaub gemacht, richtig intelligente Kinder, die sich autodidaktisch Klavier

beibringen und einfach lebensbejahende Kinder, wo der Lehrer mir dann aber erklärt hat, die

haben ´nen Auftrag und zwar dass diese Kinder einfach durch alle Klassen durchkommen, dass

heißt, da geht´s nicht darum, dass die irgendwie richtig was lernen, sondern das Einzige was sie

lernen sollen, ist soziales Gefüge, damit sie dann später für den Arbeitsmarkt einfach tauglich

sind. Das heißt, diese Kinder könne mit 11, 12 Jahren nicht richtig lesen, nicht richtig schreiben

und ich erinnere mich dran, der eine Junge, der hieß Kevin und wollte mir seine email-Adresse

aufschreiben, damit wir in Kontakt bleiben können, hat angefangen zu weinen, weil es ihm so

peinlich war, dass er nicht richtig lesen und schreiben konnte. Und solche Kinder , mit 15, 16

sind sie dann die Jogginghosen-Träger, die Deutschland unsicher machen, von denen ein Thilo

Sarazin zum Beispiel spricht. Was er aber nicht vorhergesehen hat, ist, dass das der Pool ist, in

dem die IS dann fischen kann. Weil Deutschland hat es nicht geschafft, dass sie sich zum System

zugehörig fühlen. Das heißt, diese Jugendlichen gehen dann zum Beispiel trainieren in ´nem

Fitness-Center, trainieren dort zwei Monate gratis, weil die brauchte ja irgendwas sinn-

stiftendes und jetzt hab ich nichts, was mir irgendwie ´nen Weg vorgibt oder womit ich mich

selbst identifizieren kann, also fang ich zum trainieren zum Beispiel an. Also ich will jetzt nicht

sagen, dass trainieren etwas ist, in dem man sich nicht erfahren kann. Also ich bin ein Fan des

Buddhismus, von daher kann ich viel mit Zen anfangen und bin auch der Meinung, dass man

auch im Kraft-Training den Zen-Status erreichen kann. Aber es geht darum, das wenn du gar

keine andere Alternative hast, wo du auch kognitiv nicht wirklich gefordert wirst. Wenn du

dann 2 Monate in diesem gratis Fitness stehst, und dann kommt aus der Hintertür ein Iman, der

dann sagt: „Hey, du hast jetzt hier 2 Monate gratis trainiert, wenn du weiter bei uns trainieren

willst, hättest du was dagegen, dich ab und zu zu uns zu setzen und wir erzählen dir was über

Allah, oder unsere Sicht der Dinge.“ Und das sind so die Entwicklungen, die sich tatsächlich

auch abspielen. Also das hab ich jetzt nicht erfunden, sondern das hab ich von ´nem ganz lieben

Kollegen namens KaWe, seines Zeichens Rapper aus Berlin, mitbekommen, der mir eben erklärt

hat, wie 10:00 damals, ein anderer Rapper aus Berlin, der jetzt ein führendes Mitglied bei der IS

ist, wie der selbst dorthin abgerutscht ist. Und Österreich rühmt sich dann meistens, von

wegen, das kann bei uns nicht passieren und das geht bei uns überhaupt nicht. Aber – schaut

euch einfach mal den zehnten Bezirk an, Teile des zehnten Bezirks, schaut euch mal Teile des

sechzehnten Bezirks an. Und diese Selbst- Gettoisierung der Jugendlichen, die einfach, weil die

Viertel nicht durchmischt sind, weil die Schulen nicht durchmischt sind, weil man kein

Österreicher mehr seine Kinder in gewisse Schulen bringen will. Die Leute leben unter sich und

dann kommt es vor, dass 18jährige Jugendliche, die hier in Österreich geboren sind, mit einem

sehr starken Akzent Deutsch sprechen, ihre Muttersprache selber aber auch nicht fließend

sprechen. Und wir fragen uns dann: „Wie ist sowas möglich?“ Es ist möglich, weil der Staat uns

und – ich bin zwar ein Teil des Bildungsbürgertums, zähl mich aber einfach dazu, weil ich

genauso viele Freunde aus dem Gemeindebau hab und wir unter uns einfach nie unterschieden

haben – wie der Staat uns vernachlässigt. Und wie er als ‚Selbstläufer gewisse Entwicklungen

ermöglicht, indem er sie einfach ignoriert und sich der nicht bewusst ist. Das heißt, da geht´s

auch um Bewusstseinsbildung der Politiker, der Regierung, da geht’s darum, dass gewisse

Inhalte in die Schulen gebracht werden, weil nur so kann´s öffentlich diskutiert werden. Weil,

wenn man sagt, ja ok, wir machen jetzt ´ne Volksabstimmung, oder ein Volksbegehren oder so

weiter und sofort, das erreicht nicht jeden. Ein öffentlicher Diskurs braucht Jahre eigentlich bis

das in den Habitus des Menschen ankommt. Dass heißt wir brauchen da wirklich die

entsprechende Bildung dazu. Es ist so , ich hab eben ein halbes Jahr auf meinem Weg

, ein halbes Jahr in Leipzig gelebt, und es wird in Österreich zwar

Eben wie ich damals das halbe Jahr in Leipzig war, ist mir aufgefallen, obwohl jetzt von Westen

Deutschlands her und auch von den umliegenden Ländern wie Schweiz und Österreich meistens

die gängige Meinung ist, das die Ostdeutschen alles Nazis sind und dass man da als Mensch mit

Migrationshintergrund nicht leben kann, in diesem halben Jahr hab ich keine einzige rechte

Glatze ist mir über den Weg gelaufen, also kein einziger rechter Skinhead. Ich hab mich so gut

aufgehoben gefühlt, wie noch nirgendswo unter weißen Menschen, sag ich jetzt mal, einfach

weil ,auch jetzt von meinen Vorgesetzten her, es war eine total … ich hab richtig gemerkt, wie

egal es ihnen war, welche Hautfarbe ich hatte. Es ging echt nur darum, was kannst du leisten.

Ich war damals noch Bauingenieur und wir haben im Tiefbau Straßen gebaut und da ging´s echt

nur darum, bist du fähig, hier mitzuhalten. Und das war die einzige Frage, die ich gespürt hab.

Und ich wurd3 gerecht entlohnt, hab eigentlich so ziemlich alles gehab, was ich gebraucht hab.

Und das war mal ein schönes Gefühl, dieses Gefühl der Normalität irgendwo auch zu haben.

Und bin dann drauf gekommen, das es mein Recht ist. Es ist mein gutes Recht, mich als normal

zu fühlen. Ich selber darf mitentscheiden, darf bestimmen in was für einer Art von Gesellschaft

ich leben will. Und das ist halt jetzt auch der Punkt, warum ich in der SFC bin. Also die SFC

entstand ursprünglich aus der schwarzen Frauen Community. Ich werde jetzt all zu viel darüber

erzählen, weil man sich im Internet das auch durchlesen kann. Aber was wir dort machen, wir

bieten ne Möglichkeit für Kinder und Jugendliche mit dunkler Hautfarbe und auch erwachsenen

Menschen anzukommen bei uns. Das heißt sich im Kontext Österreich als normal zu erfahren.

Einfach weil, ich zum Beispiel, wie gesagt, ich hatte großes Glück, dass ich meine Eltern hatte,

die mir einfach diese Kraft mitgegeben haben, dass ich meine Hautfarbe niemals hinterfragen

musste, dass ich einfach wusste, hey, ok, du bist so ok wie du bist. Aber –ich kenn einige

Menschen, die im Laufe ihrer Entwicklung, weil sie eben nicht nur mit der normalen

Entwicklung eines Kindes konfrontiert waren, sondern zusätzlich auch noch mal mit dem

Phänomen Rassismus nebenbei konfrontiert worden sind, die ihre Hautfarbe total hinterfragt

haben, und die an einem Punkt waren, wo sie sich gewünscht hätten, dass sie weiß wären. Und

eben um solche Sachen zu verhindern, bzw. um auch einfach Heilung anzubieten, weil es ist

echt so, wo ich dort hingekommen bin, was für mich, wie ich das erste mal bei der SFC dabei

war, was für mich einfach – finally I don´t have to struggle on my own anymore. Das war so das

was ich gefühlt hab, weil ich natürlich meine schwarzen Freunde hatte, habe und ein richtig

guter Freund von mir, der Cedric, wo ich einfach sag, wir beide wir haben zusammen den

Kontext Österreich reflektiert und und uns dadurch auch Mut zugesprochen, bzw. sind auf

gewisse Sachen drauf gekommen. Aber zu sehen: Hey, da gibt´s ´ne Community und du bist

nicht allein, ihr seid nicht nur zu zweit oder zu dritt, sondern da habt ihr diesen Pool, wo ihr

einfach Energie tanken könnte und wo ihr gemeinsam Sachen angehen könnt und euch auch

irgendwo als Kraft erlebt, als Kollektiv einfach. Tatsächlich ist es so, die Kinder, wir

konfrontieren sie jetzt nicht mit Rassismus und halten denen Vorträge, sondern es geht darum,

dass die andere Kinder mit brauner Haut sehen und sehen, hey, cool, der/die sieht genau so

aus wie ich. Das heißt: Ich bin normal. Ich bin ok, so wie ich bin. Da gibt´s dieses eine Spiel, wie

ich das erste mal gesehen hab, dass die Kinder das spielen, war ich total fasziniert, das ist ein

Puzzle und das Puzzle ist gemacht aus ihren Nasen, ihren Lippen, aus ihren Augen und ich

würde jetzt lügen, wenn ich sagen würde, ich kenn das nicht, dass ich als Kind nicht irgendwie

Probleme mit meiner breiten Nase und meinen breiten Lippen hatte, oder mit meinem

krausigen Haar, weil das diese Dinge waren, aufgrund dessen die Kinder auf mir rumgeritten

sind. Aber eben in diesem Spiel, in diesem Puzzle lernen die Kinder, dass nichts Falsches dabei

ist, so und so auszusehen. Das heißt, du genießt das richtig. Du schaust dich im Spiegel an, du

schaust dich auf den Fotos an, spielst mit dem Spiel und genießt es, dass du so aussiehst und

dein Dasein hat einfach Berechtigung. Und da gibt´s viele andere pädagogische Spiele. Das

gibt´s das Spiel wo wir uns mit Vorurteilen beschäftigen, um Stereotypen loszuwerden, was

irrsinnig spannend ist. Und die Kinder machen da so richtig mit, weil wir einfach einen Weg

gefunden haben, sie dahingehend zu begeistern. Und bieten den Kindern auch einen Raum, wo

sie einfach, das was ihnen im Alltag widerfährt, auch anbringen können und sind dann teilweise

selbst auch schockiert, wenn wir dann böse Sachen hören, wo man auch merkt, dass vieles

durch die Eltern der Kinder auch wieder mitkommt, weil ich mich in meiner Arbeit in der Schule

eben – ich arbeite selber noch in der Schule – und hab mich letztens mit den Kindern hingesetzt

und die fragten mich dann auch: „Ja wieso, wieso bist du denn schwarz? „Und dann fragte ich:

„Ja, bin ich wirklich schwarz, oder…? „ Dann meinte ein anderes Kind: „Nein, er ist braun.“ Und

ich sagte: „Ja, genau, ich bin braun. „Und hab sie dann gefragt, die Kinder: „Seid ihr wirklich

weiß?“ Und sie so:“ Ja.“ Und dann meinte ich: „Na, na, das ist weiß.“ Und hab ihnen Papier

gezeigt und gesagt: „Ihr seid aber nicht weiß.“ Und dann hat ein anderes Kind gesagt: „Ja,

Hautfarbe. „Und es gibt im deutschsprachigen Raum zumindest, diesen einen Buntstift, wo

tatsächlich „Hautfarbe“ oben dran steht. Und als Kind hab ich natürlich immer mit Hautfarbe

gemalt. Bis ich irgendwann drauf gekommen bin: Hey, Moment mal, das ist nicht meine

Hautfarbe. Und hab das den Kindern dann auch so erzählt. Und bin darauf gekommen: Für

mich, für meine Optik, war das eher „Schweinchen-Rosa“ . Und da haben die Kinde furchtbar

gelacht und das war dann ganz witzig und meinten: „Ja, wir nennen dich jetzt „Schweinchen“

und dann hab ich gesagt: „Nee, das möchte ich nicht haben.“ Und dann kam die Frage: „Duscht

du denn auch?“ Und dann hab ich gemeint: „Nein, ich dusch doch nicht!“ Spaßeshalber eben.

Und dann meinte das eine Mädchen: „Ja, du duscht nicht, wie die Flüchtlinge.“ Und dann bin

ich aber ernst geworden und meinte: „OK, Stopp. Wer erzählt den so einen Blödsinn, dass die

Flüchtlinge nicht duschen würden.“ Und sie meinte: “Ja mein Papa erzählt das.“ Da hab ich zu

ihm gesagt: „Na, du kannst deinem Papa sagen, das Persy gesagt hat, das ist ein ziemlicher

Blödsinn, den er da erzählt.“ Und war für mich – einerseits Kinder lügen nicht. Das heißt, du

kannst davon ausgehen, dass das wirklich der Papa zuhause erzählt. Aber es war für mich selber

schon ziemlich schockierend, weil du einfach merkst, wie gewisse Werte reproduziert werden,

weil die Generation ihres Vaters – ich bin ein´89er Jahrgang. Das heißt, der könnte auch schon

so alt sein wie ich. Ich das heißt, ich bin mit einer Situation konfrontiert gewesen, mit der ich

vor zwanzig Jahren konfrontiert war, Und da hat sich einfach in dem Kontext vieles nicht

geändert. Einiges hat sich geändert, aber allein dass solche Aussagen noch unter die Kinder

kommen, dass Kinder noch lernen, so zu denken. Das ist, wo ich gemerkt hab, wir haben

eigentlich trotzdem in Österreich noch viel zu wenig Präsenz und eigentlich gehören mehr von

uns Brüdern und Schwestern auch in die Schulen vor Ort quasi. Und da kenn ich eine Freundin,

die am Nachmittag arbeitet mit Kindern, mit Volksschülern, die Caroline. Aber kenn noch ne

Freundin, die Berenice, die lässt sich gerade zur Volkschullehrerin ausbilden. Aber ich kenn

nicht viele, die mit Kindern und Jugendlichen in dem Alter arbeiten. Mein Bruder Cedric noch,

ansonsten ist mir da jetzt nicht so viel bekannt. Und eben, wenn wir aber in dieser Gesellschaft

klarkommen wollen, wenn wir für uns quasi ein besseres Österreich schaffen wollen, wo wir das

Recht haben, uns so zu erfahren, wie wir uns erfahren wollen, dann hilft es nichts – wir müssen

uns als Akteure… Ich sag nicht, dass das jeder machen muss. Es ist ja echt jedem überlassen,

wie er, welchen Zugang er zu dieser Gesellschaft hat. Und ich glaub, dass es manche gibt, die

sagen: „OK, und ich würd gern mitgestalten“ und andere sagen: „Ich möchte eine Start-up

gründen.“ , oder keine Ahnung was , in welche Richtung sie gehen, was auch voll cool ist und

dazu beiträgt, einfach Normalität zu generieren in diesem Land. Aber es braucht einfach mehr

von uns, die direkt da vor Ort sind, wo´s brennt. An der Schnittstelle quasi, um dann auch in die

Gesellschaft rauszugehen. Und das ist eben für mich der Punkt, wo ich sag, ich selber gestalte

mir mein Leben und ich bin selbstbestimmt, gestalte mir mein Leben, gestalte mir mein

Österreich und gebe vor, wie ich leben will. Und nur so kann´s funktionieren. Ich hab zu lange

darauf gewartet, dass die Gesellschaft mir entgegenkommt. Und man spricht zwar von

Integration und Inklusion, aber ich kann nicht die ganzen 100% gehen. Das funktioniert einfach

nicht. Ich kann´s nicht für die ganze Gesellschaft tun, das heißt ich tu´s für mich selber. Ich gebe

für mich selber 100%. Für mich selber klär ich die Menschen auf, spreche sie an. Aber auch nur

die Menschen, wo ich mir denke: OK, das tu ich mir jetzt an. Und wenn ein Mensch ignorant ist

und ich das erkenne, dann gehe ich einfach weiter. Und – wie vorhin schon erwähnt – wer

meine Energie jetzt nicht für diesen Menschen verbrauchen.

Also das ist für mich auch einer der Gründe, wieso ich mein Projekt angehe. Das Projekt heißt:

„Ein Projekt Nächstenliebe aka 300 Umarmungen“ Das heißt innerhalb von 24 Tagen 300

Umarmungen am 1.Dezember, am eine Umarmung, am zweiten Dezember zwei Umarmungen,

am 24.Dezember 24 Umarmungen. Das heißt entsprechend der Datumszahl. Da geht´s darum,

dass ich durch Wien gehe, Menschen anspreche mit ´nem Schild und es ist die Frage, ob sie Lust

haben, sich auf dieses Experiment einzulassen. Und im Endeffekt stehen nur wir da und

umarmen uns. Und da machen ganz viele, nette, liebe Menschen mit und ich bin total fasziniert.

Also ich merk so richtig – ich wer immer euphorisch, wenn ich das erzähl – ich merk so richtig,

wie ich mir einfach mein Österreich aufbauen kann, dass ich haben will. Also natürlich gibt es

ganz viele Menschen, die das nicht wollen, die Sachen sagen wie: „Na, sicher net!“ und „Ne, des

muss ja net sein!“ Aber das nehme ich in Kauf, weil ich dachte das die negativen

Rückmeldungen schlimmer sein werden und bin dann aber drauf gekommen, dass ich das all

die Jahre schon gewohnt war und ich hab nichts gemacht. Und ich bin drauf gekommen, das

kann mich nicht umbringen, weil das ist Standard. Ich hab schon viel schlimmere Sachen gehört

obwohl ich eigentlich nur der war, der ich war – ein Junge mit schwarzer Hautfarbe. Und jetzt

spreche ich die Menschen zumindest an und versteh dann auch, nein ich will von dir keine

Umarmung. Ist vollkommen ok, und ich sag dann trotzdem: „Hey ,schöne Weihnachtszeit und

alles Liebe.“ Und die Menschen, die sich darauf einlassen – nicht nur, dass sie mich beschenken,

sondern sie werden ebenfalls beschenkt. Und man merkt so richtig , wie in dieser Gesellschaft

einfach… there is a lack of happiness. So, wo du merkst, ich unterhalt mich mit den Menschen

auch darüber, wo du einfach merkst so, da gibt es Menschen , die das genauso brauchen wie

ich: Freundlichkeit, Fröhlichkeit, Nächstenliebe, wenn wir es jetzt mal so nennen wollen. Und

auf der anderen Seite eben, das Aus-mir –selbst-rauskommen, ich befand mich an einem Punkt,

wo ich es satt hatte, wo ich mir dachte, ich hab keine Bock mehr drauf, kleine Lust mehr darauf,

dass jedes mal, wenn ich mit einer autoritären, weißen Person spreche, dass meine Stimme

einbricht, dass ich mich anhöre wie ein pubertierender 16jähriger, weil ich mich

eingeschüchtert fühle. Und mach das jetzt seit 9 Tagen und merk, dass ich im öffentlichen

Raum ganz anders agiere. Also ich kann mittlerweile mich in der Öffentlichkeit hinstellen und

singen oder Gitarre speilen, was jetzt alles schon gewesen ist, oder einfach über die

wesentlichen Themen, die mich tatsächlich interessieren, mit Menschen am Telefon, in der U-

Bahn mich zu unterhalten. Und wenn ich nebenbei auf das Problem von Menschen aufmerksam

mache und sag, dass die Zivilgesellschaft ihre Augen und Ohren verschließt, dann sage ich das in

der Öffentlichkeit und die Leute hören sich das an und es passiert nichts. Also es ist sehr schräg,

wie ich vom „Dulder“, sag ich jetzt mal, zum „Gestalter“ werden konnte und ich kann das echt

nur jedem weiterempfehlen. Dankeschön!